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Solis BioDyne und Steinbeis kooperieren bei der Kommerzialisierung diagnostischer Reagenzien

Eines war in der aktuellen COVID-19-Pandemie schnell klar: Nur über breit angelegte, zuverlässige Testprogramme ist es möglich, die Infektionsketten zu verstehen und effizient zu unterbrechen. Und damit war eine große Nachfrage nach sicheren und leicht zu nutzenden Testreagenzien geboren, die nach regulatorischen Zulassungsnormen entwickelt und produziert worden waren. Solis BioDyne, ein führender Lieferant von Life Science-Reagenzien aus Estland, nahm diese Herausforderung an und entwickelte in kurzer Zeit einen einfach zu benutzenden 1-Step RT-qPCR Test und ein entsprechendes Protokoll zur Detektion von SARS-CoV-2. Das Unternehmen wird seit vergangenem Jahr von den Experten am Steinbeis-Transferzentrum Medizintechnik & Life Sciences beim länderspezifischen Markteintritt und bei Marketingaktivitäten unterstützt.

Expertise bei Reagenzien für diagnostische Tests

Der Test auf das COVID-19 induzierende Virus beruht auf dem Nachweis viraler RNA, die aus Nasen- oder Rachenabstrichen von zu testenden Personen extrahiert wird. Nach der Extraktion wird das virale Genom im Reagenzglas zunächst durch ein Enzym (Reverse Transkriptase) mit dem Verfahren der sogenannten reversen Transkription (RT) in das stabilere DNA-Molekül umgeschrieben. In der darauffolgenden quantitativen Polymerase-Kettenreaktion (qPCR – quantitative Polymerase Chain Reaction) wird die spezifische DNA dann durch ein weiteres Enzym (DNA Polymerase) vervielfältigt und anschließend nachgewiesen. Befindet sich virale Genomsequenz im Abstrich, wird diese in der qPCR amplifiziert und detektiert, was zu einem positiven Testergebnis führt.

Der Test basiert auf spezifischen Komponenten, die in koordinierter Weise zusammenarbeiten. Kernpunkt ist dabei ein Satz einzigartiger Proteine, die Reverse Transkriptase und die DNA Polymerase. Optimierte Pufferlösungen sind ebenfalls von großer Bedeutung für einen erfolgreichen Test. Eine Vereinfachung des Tests, bei der die reverse Transkription und die qPCR nacheinander im selben Probengefäß stattfinden, erlaubt die Durchführbarkeit in einem Schritt. Dies spart Zeit, reduziert die Fehlerwahrscheinlichkeit und erhöht Testkapazitäten. Während der Pandemie wurden entsprechende Messprotokolle und vorformatierte Reagenzien für solche 1-Step RT-qPCR Tests schnell zum limitierenden Faktor bei der Durchführung verlässlicher Diagnostik. Hier konnte Solis BioDyne seine Expertise zum Einsatz bringen. Das Unternehmen entwickelt und vermarktet bereits seit mehr als 25 Jahren Komponenten für PCR-basierte Anwendungen und erhielt die Zulassung für die Herstellung von Reagenzien für die Verwendung in diagnostischen Tests 2007 (ISO 9001) und 2018 (ISO 13485).

Aufbauend auf der langjährigen Erfahrung und dem klaren Verständnis der entsprechenden regulatorischen Normen lieferte Solis BioDyne schon in einem frühen Stadium der Pandemie in kurzer Zeit diagnostische Reagenzien an die internationalen Märkte. „Wir hatten bereits eine starke internationale Kundenbasis sowohl in der Forschung als auch in der Diagnostik. Wir freuen uns, dass wir in dieser Krise durch die Unterstützung von Testlaboren einen positiven Beitrag liefern können“, berichtet CEO Kadri Artma.

Länderspezifische Marktanalyse mit Steinbeis

Seit seiner Gründung ist Solis BioDyne bei einer Fokussierung auf Qualität und flexiblen Service seiner Kernkompetenz im Bereich PCR, qPCR und cDNA-Synthese-Anwendungen treu geblieben. Die patentgeschützte Technologie erlaubt die Entwicklung von einzigartigen temperaturstabilen Enzymen, die ihre spezifische Aktivität bei Raumtemperatur über Wochen beibehalten. Das Unternehmen ist heute in Forschung wie auch Diagnostik stark aufgestellt. Dies resultiert unter anderem auch aus der Zusammenarbeit mit dem Steinbeis-Transferzentrum Medizintechnik & Life Sciences. Mitte 2019 nahm das Unternehmen das bisherige organische Wachstum zum Anlass, sich mit den Steinbeis-Experten über den länderspezifischen Ausbau der Aktivitäten Gedanken zu machen. Eine Kooperation mit der estländischen Wirtschaftsförderung Enterprise Estonia (EAS), die ebenfalls eine Arbeitsbeziehung mit Steinbeis unterhält, wurde nun um konkrete Expertise im Marketing für die Life Science-Branche ergänzt.

Solis BioDyne ist dabei, die kommerziellen Aktivitäten in einigen europäischen Ländern zu erweitern und suchte dafür nach länderspezifischen Informationen für den Life Science-Markt. Hier unterstützte Prof. Dr. Tobias Preckel, Experte am Steinbeis-Transferzentrum Medizintechnik & Life Sciences. Zu Beginn des Projekts analysierte er gemeinsam mit dem Solis BioDyne-Team dessen umfangreiches Produktportfolio im Hinblick auf Kundenbedürfnisse in unterschiedlichen Marktsegmenten. Dabei überprüfte das Steinbeis-Team insbesondere die Wertigkeit bestimmter Produktmerkmale für spezielle Anwendungen. Zusätzlich entstand eine Wettbewerbsanalyse und effiziente länderspezifische Marketingstrategien wurden entwickelt.

Das Steinbeis-Team verglich im Projekt auch, wie traditionelle und digitale Marketingkampagnen Kunden erreichen. Hier zeigten sich starke Unterschiede in Abhängigkeit vom jeweiligen Marktsegment. Schnell wurde klar, dass die außergewöhnliche Stabilität der von Solis BioDyne entwickelten und hergestellten DNA Polymerasen, reversen Transkriptasen und anderer kritischer Proteine eine zentrale Eigenschaft ist, die diese Produkte besonders für diagnostische Anwendungen empfiehlt. Sie erlaubt es, im Gegensatz zu kompetitiven Reagenzien, die Produkte bei Raumtemperatur zu versenden. Dies spart nicht nur Versandkosten, sondern liefert vor allem einen Sicherheitsrahmen an Stabilität bei der Verwendung der Reagenzien in weltweiten Laboren in diversen Klimazonen. „Es zeigt sich, dass sich Solis BioDynes raumtemperaturstabile Enzyme besonders gut für die Verwendung in ungekühlten automatisierten Vollautomaten eignen. Beide Merkmale, der Versand bei Raumtemperatur und die Verwendung in automatisierten Geräten, bringen klare Vorteile in einem diagnostischen Umfeld“, sagt Simon Robberts, Business Development Manager bei Solis BioDyne.

Die Projektzusammenarbeit läuft ohne Besuchsmöglichkeit auch virtuell reibungslos: Simon Robberts, Tobias Preckel und Kadri Artma (im Uhrzeigersinn) bei einer Video­konferenz.

Folgeprojekt in den Startlöchern

Für die Zukunft ist das estnische Unternehmen nun gut aufgestellt, um seine Basis in Forschungsanwendungen zu stärken und mit einer wachsenden Zahl von Kunden in der Diagnostik zusammenzuarbeiten. Die Bedeutung DNA-basierter Tests nimmt weiterhin zu, nicht nur in der Forschung, sondern auch in der Diagnostik. Die medizinischen Indikationen reichen von der Identifizierung von Erregern über bakterielle Antibiotikaresistenzen bis zur Typisierung von Tumoren. Und nach der erfolgreichen Zusammenarbeit bahnt sich die nächste Kooperation schon an: „Eine bedeutende Herausforderung ist die Suche nach qualifizierten Spezialisten, um die offenen Stellen zu besetzen”, berichtet Simon Robberts. „Auch hier arbeiten wir mit Steinbeis zusammen.“

Kontakt

Prof. Dr. Tobias Preckel (Autor)
Steinbeis-Unternehmer
Steinbeis-Transferzentrum Medizintechnik & Life Sciences (Marxzell)

Simon Robberts
Business Development Manager
Solis BioDyne OÜ (Tartu/Estland)